In Kürze:
ROSEN Factory in Lingen nun TÜV-zertifiziert für Titanschweißverfahren
Zertifizierter Mitarbeiter schweißt in mobiler Formierkammer Titanbaugruppen
Verfahren wird benötigt, um Rahmen für ROSEN AUV zu fertigen
Die ROSEN Gruppe in Lingen kann nun Titan in ihrer Fertigung schweißen. Sie hat ein TÜV-zertifiziertes Verfahren entwickelt, um Baugruppen in einer mobilen Formierkammer zu schweißen. Ein Verfahren, das es in (Nord-)Deutschland so nicht allzu oft gibt. Der Weg bis zur Zertifizierung war manchmal steinig.
Das Nervigste gleich zu Anfang: die Hände irgendwie in diese Handschuhe bekommen. „Gar nicht so einfach, wie es aussieht", sagt Leo und probiert es noch einmal. Der Schweißer steht vor der aufblasbaren Formierkammer und kämpft sich Finger für Finger hinein. Dann kann es losgehen. Schutzgasatmosphäre überprüft, Warnmelder eingeschaltet, Schweißgerät und Bauteile in Formation, Action. Doch warum dieser Aufwand? „Leo ist seit einigen Wochen der erste Mitarbeiter, der fürs Titanschweißen zertifiziert ist", freut sich sein Vorgesetzter Jan. „Und fürs Titanschweißen brauchen wir sehr besondere Bedingungen, unter denen wir das Material verschweißen können."
Beispielsweise ist ein luftdicht verschlossener Bereich notwendig, in dem es reines Argon und so gut wie keinen Sauerstoff gibt. Normalerweise werden ganze Räume unter Vakuumatmosphäre gesetzt und anschließend mit Reinargon 5.0 geflutet. Hierin arbeiten Schweißerinnen und Schweißer unter Atemschutz. Das sogenannte Formiergas sorgt dafür, dass sich Titanbauteile zu Baugruppen verschweißen lassen. Da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ROSEN Factory aber nicht täglich Titanbaugruppen schweißen müssen, wäre ein eigener Bereich etwas überdimensioniert. Also musste eine mobile Lösung her. „Wir haben schon etwas suchen müssen und sind schließlich in den USA fündig geworden", sagt Jan. „Hier haben wir einen Anbieter aufgetrieben, der uns eine mobile Formierkammer liefern konnte, in der wir Bauteile bis zu einer Größe von 280 x 120 x 130 Zentimeter verschweißen können."
Titanschweißen. Warum eigentlich?
Die Größe ist relevant, da die Titanbaugruppen für das ROSEN AUV gebraucht werden. Das Unternehmen entwickelt seit einigen Jahren sein eigenes selbstfahrendes Unterwasserfahrzeug (Autonomous Underwater Vehicle, AUV). „Titan ist sehr leicht und gleichzeitig äußerst fest. Im AUV-Projekt möchten wir ein leichtes und verhältnismäßig kleines Fahrzeug bauen, um energieeffizient fahren zu können. Aus diesem Grund haben wir den Hauptrahmen des AUV aus Titan entworfen," sagt Matthias aus dem AUV-Team. Darüber hinaus besitzt Titan die Eigenschaft, auch bei Kontakt mit Salzwasser nicht zu rosten.
Bei der Konstruktion des AUV-Rahmens hat sich das Team bei Schweißverfahren bedient, die in der Produktion von Transportrahmen üblich sind. Im Grunde handelt es sich um ein Stecksystem, das mit Kehlnähten punktuell verschweißt wird. „Eine Herausforderung beim Schweißen ist es, dass das Material nicht zu heiß wird und sich verzieht", erläutert Leo. „Wir haben rund zwei Wochen herumprobieren müssen, bevor wir eine Idee hatten, wie es gehen kann."
Mit „wir" meint er sich und Norbert (Qualitätssicherung in der Schweißerei). Die beiden haben das herkömmliche WIG-Schweißverfahren (Wolfram-Inertgasschweißen) so lange verfeinert, bis die richtigen Rahmenbedingungen fürs Titanschweißen gefunden waren. „Ich habe Leo hier und da schon ziemlich getriezt und manchmal mussten wir auch mal eine Pause einlegen", blickt Norbert zurück. Aber die Ideen kamen schlussendlich, sagt Leo: „Uns hat das Thema nicht losgelassen und wir haben auch am Wochenende weiter daran getüftelt." Vor allem die Wärmeabführung hat den beiden große Sorgen bereitet. Nachdem sie sich für die Testphase einen Rippenkühler und Thermopaste aus anderen Bereichen vom Standort Lingen geliehen hatten, kam der Durchbruch. In Zusammenarbeit mit dem TÜV konnten sie dann die Versuchsphase und Verfahrensprüfung erfolgreich absolvieren.
TÜV-zertifiziert
Am Ende des mehrwöchigen Prozesses stand die TÜV-Zertifizierung des Verfahrens. Leo ist nun der erste zertifizierte Schweißer für Titan bei ROSEN. Ein weiterer Mitarbeiter soll noch in diesem Jahr folgen. Den ersten Rahmen fürs AUV hat Leo verschweißt. Spätestens im Sommer wird die mobile Formierkammer dann wieder mit Argon geflutet, um einen weiteren Rahmen zu fertigen. „ROSEN ist nun einer der wenigen Betriebe in Norddeutschland, die überhaupt TÜV-zertifiziert sind, Titan zu schweißen. Darauf sind wir sehr stolz und freuen uns über so qualifizierte Mitarbeiter wie Leo," stellt Jan abschließend fest.